Als bei Kienzle die Mechanik Elektronik lernte

Von der mechanischen Buchungsmaschine zu Computern der Mittleren Datentechnik

Schnellsaldiermaschine Kienzle 100
Schnellsaldiermaschine Kienzle 100

Auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern, beschloss die Kienzle-Geschäftsführung 1948/49 den Einstieg in die Produktion eigener Büromaschinen. Hierfür hatte man technisches und kaufmännisches Know-how eingeworben und konnte in der Bindesrepublik schnell größere Marktanteile im Bereich Buchungsmaschinen erringen. Alles fing mit dem Modell Kienzle 100 an, einer einfachen Schnellsaldiermaschine, die Basis für ein modular erweiterbares System wurde.

Kienzle-Buchungsmaschine der Klasse 200
Kienzle-Buchungsmaschine der Klasse 200

Erfolgreich war Kienzle Apparate auf dem Markt für Buchungsmaschinen v.a. mit der Klasse 200, einem Buchungsautomat, der mit bis zu 12 Addier- und Saldierwerken sowie zahlreichen Sonderfunktionen ausgestattet werden konnte. Alle Rechen- und Speicherprozesse wurden auf rein mechanischer Basis durchgeführt.

 

Montage Kienzle-Buchungsmaschinen (aus Kienzle Blätter 8/1952)
Montage Kienzle-Buchungsmaschinen (aus Kienzle Blätter 8/1952)

 

Das Modell wurde erstmals 1951 der Fachöffentlichkeit vorgestellt und ab 1952 in großem Unfang produziert und verkauft. Bis 1962 wurde der Kienzle-Buchungsautomat in der abgebildeten Form angeboten. Mit der Umstellung des kompletten Büromaschinenprogramm im Jahr 1962 auf eine neue Form um. Die neuen Maschinen waren optisch modernisiert und funktional optimiert worden. Die alte Klasse 200 wurde dabei durch die neue Klasse 700 (vgl. unten) ersetzt.

Kienzle-Buchungsautomat der Klasse 700.
Kienzle-Buchungsautomat der Klasse 700.

Mitte der 1960er Jahre traten immer stärker elektronische Module und Modelle in Konkurrenz zur mechanischen Büromaschine. Wesentliche Entwicklungen gingen hier in Deutschland von Heinz Nixdorf und seinem Labor für Impulstechnik, aber auch von Herstellern wie der Kienzle Apparate GmbH aus.

In einer Übergangszeit wurden die bewährten Mechaniken mit elektronischen Peripheriegeräten mit Multiplizier- und Speicherfunktionen ausgestattet. Bei Kienzle war das z.B. die Klasse 2000, ein Buchungsautomat 200 bzw. 700, der Magnetkontenkarten auslesen und beschreiben konnte. Auf dem Bild unten sieht man den Kienzle-Stand auf der Hannover-Messe 1965, auf der eine solche Maschinen vorgestellt wurde.

Kienzle-Stand auf der Hannover-Messe 1965
Kienzle-Stand auf der Hannover-Messe 1965

Erstes Computersystem der Firma Kienzle war die Klasse 800, die zusammen mit Nixdorf entwickelt wurde und ab 1966/67 auf dem Markt kam. Damit verfügte Kienzle einen vollelektronischen Buchungs- und Abrechnungsautomaten, einen Kleincomputer mit einer Magnetkontenverarbeitung als Speichersystem.Unten schmückt sie das Titelbild der Betriebszeitung "Kienzle-Blätter" 2/1966 anlässlich der an großen Industriemesse in Hannover.

Für diese Geräte wurde der Begriff der "Mittleren Datentechnik" erfunden, mit ihnen wurden die Märkte betriebswirtschaftlicher Anwendungen erschlossen. Computeranwendungen waren nicht mehr auf Forschungszentren und Großrechenzentren beschränkt, sondern konnten auch dezentral von klein- und mittelständischen Unternehmen und Verwaltungen eingesetzt werden.

Titel der Betriebszeitung Kienzle-Blätter zur Hannover-Messe 1966
Titel der Betriebszeitung Kienzle-Blätter zur Hannover-Messe 1966